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Gemeinderat muss sich an Gesetze halten

13. Januar 2011
Die SVP fordert in ihrem offenen Brief an den Gemeinderat eine Urnenabstimmung über den Seebus. Der Gemeinderat lässt sich nachfolgend dazu vernehmen.
Das St. Galler Tagblatt veröffentlichte am 23. Dezember 2010 einen offenen Brief der SVP Ortspartei. Darin fordert sie den Gemeinderat auf, am 13. Februar 2011 eine Urnenabstimmung über den Seebus durchzuführen.

An der ordentlichen Bürgerversammlung vom 21. März 2011 unterbreitet der Gemeinderat den Stimmbürgerinnen und Stimmbürgern einen anteilmässigen Kredit von 250'920 Franken, um den Versuchsbetrieb für den Seebus um zwei weitere Jahre, d. h. bis Dezember 2013, zu verlängern. Auf diesen Zeitpunkt startet die neue S-Bahn St. Gallen mit einem grösseren Zugsangebot. Es macht Sinn, den Busbetrieb darauf abzustimmen und erst anschliessend ins ordentliche Angebot des öffentlichen Verkehrs aufzunehmen.

Argumentation mit falschen Zahlen

Die SVP schreibt, dass der Seebus mit durchschnittlich 0,4 Personen besetzt sei und die Region und der Kanton dafür innerhalb der nächsten zwei Jahre 1,7 Mio. Franken ausgeben wollten. Aus Sicht der Ortspartei eignet sich die Bürgerversammlung nicht für diesen Entscheid, da jeweils nur um die 6 % der Stimmberechtigten daran teilnähmen.

Dem Gemeinderat ist nicht bekannt, woher die SVP ihre Zahlen bezieht. Er orientiert sich jedenfalls an den offiziellen Zählungen der Verkehrsbetriebe. Danach wird jeder Kurs von durchschnittlich 12 Personen genutzt, selbstverständlich nicht auf der gesamten Länge, sondern abschnittsweise. Das Minimalziel von 2'000 Einsteigerinnen und Einsteigern pro Tag, das notwendig ist, um den Seebus in das ordentlich Angebot zu übernehmen, ist damit bereits erreicht. Der Kanton wäre bereit gewesen, den Busbetrieb ab Dezember 2011 über den kantonalen Pool zu finanzieren. Für Goldach hätten sich dadurch leicht höhere Kosten ergeben als bei einer Verlängerung des Versuchsbetriebes. Diese hätten aber als gebundene Ausgaben ohne Mitspracherecht der Bevölkerung gegolten. Die Räte der drei Gemeinden haben deshalb beschlossen, die Kredite an den Bürgerversammlungen einzuholen.

Zuständigkeit verbindlich geregelt

Ob ein Geschäft an der Urne oder an der Bürgerversammlung entschieden wird, ergibt sich verbindlich aus der Gemeindeordnung. Für Finanzgeschäfte bis Fr. 750'000.- ist die Bürgerversammlung zuständig. Auch Grundsatzabstimmungen sind - mit Ausnahme von Grundsatzabstimmungen über Gemeindefusionen - der Bürgerversammlung vorzulegen. Dieser steht es frei, ein Geschäft an die Urne zu verweisen. Es ist rechtlich aber nicht zulässig, dass der Gemeinderat von sich aus bestimmt, über welche Fragen er an der Urne oder an der Bürgerversammlung abstimmen lassen will.

Im Übrigen wäre es auch terminlich nicht möglich, am 13. Februar 2011 eine Urnenabstimmung über den Seebus durchzuführen. Bereits am 23. Dezember 2010, also an jenem Tag, an dem die SVP ihre Forderung publizierte, hätten die Abstimmungsunterlagen spätestens zur Verpackung und zum Versand dem Verwaltungsrechenzentrum abgeliefert werden müssen.

Gelebte Demokratie

Die SVP wird nicht müde, die Bürgerversammlung als undemokratisches Instrument zu verteufeln. An der Bürgerversammlung - und die letzten Jahre zeigten das sehr deutlich - kann debattiert, abgewogen und abgestimmt werden. Regelmässig nehmen einige Hundert Bürgerinnen und Bürger teil, die sich für das politische Geschehen in der Gemeinde interessieren und sich diesen Abend reservieren. Diese als "Getreue" des Gemeinderates zu bezeichnen, ist unlauter. Im Übrigen ist die einzige Alternative zur Bürgerversammlung das Parlament.

Der Gemeinderat ist nicht gegen Urnenabstimmungen. Er hält sich einfach an die geltenden Gesetze. Er erwartet von einer Volkspartei, dass diese die demokratischen Regeln akzeptiert.

Bild Bürgerversammlung
Die Gemeindeordnung bestimmt, ob Abstimmungen an der Bürgerversammlung oder an der Urne erfolgen.

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